Leseprobe »Für eine Handvoll Silber«

 

Arm oder Reich,
Der Tod macht alles gleich.
(Sprichwort)

1

Ich hatte einen Fall. Meinen Ersten als Toter. Okay, technisch gesehen hatte ich bereits einen Fall gelöst, obwohl ich offiziell schon verstorben war. Aber da hatte ich dem Tod persönlich einen Gefallen getan. Im Gegenzug konnte ich meinen letzten Fall als Lebender noch zu Ende führen.
Eine Hand wäscht eben die andere. Ob tot oder lebendig.
Wie es aussah, war der Tod gar nicht so anders, als das Leben. Zumindest für mich. Früher war ich Jack Gold, ein Privatdetektiv, der immer ein paar Fragen zu viel stellte. Seit ungefähr zwei Wochen bin ich »Jack Gold, der Detektiv des Todes«. Und stelle immer noch zu viele Fragen. Manche Gewohnheiten kleben eben an einem, wie Teer an der Lunge eines Kettenrauchers.
Tja, und jetzt saß ich hier im »STYX«. Der Laden hatte den Charme eines 80er Jahre Mad Max-Films der eine unheilige Verbindung mit Harry Potter eingegangen war. Irgendjemand hatte das, was andere auf den Sperrmüll werfen, als Dekoration verkauft und an die Wände genagelt. Alte Einkaufstüten aus den Sechzigern hingen neben verranzten Teddybärköpfen. Dazwischen die Eingeweide seltsamer technischer Geräte. An den unmöglichsten Stellen in diesem Laden gab es Türen. Eine Menge Türen, ganz unterschiedlich. Alle abgeschlossen. Das hatte ich ausprobiert. Die Abende hier waren ziemlich lang.
Meine Frage, wohin die Türen führten, war vom Barmann nur mit einem Grinsen quittiert worden. Also machte ich mir meine Gedanken. Vor allem, bei der mit dem trüben Bullauge und dem Schwungrad aus Knochen.
Zwischen die Türen kuschelten sich dunkle Nischen mit noch dunkleren Gestalten.
Nun ja, zumindest einige von Ihnen wirkten düster. Der Kerl, der üblicherweise neben der vereisten blauen Holztür sass, sah eigentlich fast normal aus. Wenn man einen übergroßen Kerl mit Vogelschwingen und in Jeans als »normal« bezeichnen konnte. Seit ich hier war, hatte er sich nicht aus der Nische herausbewegt. Wie Eddie, mein Tischnachbar mir versicherte, bevor er aufgerufen wurde, hatte er das seit mindestens zehn Jahren nicht mehr getan.
Andere waren besser zu erkennen, zum Beispiel die Frau mit dem ausgefransten Loch in der Stirn, die bewegungslos an der Theke saß. Alles an ihr wirkte verwaschen, ausgelaugt, hoffnungslos. Tja, hier endete es auch für diejenigen, die an nichts mehr glaubten.
Denn das STYX war nicht nur das örtliche Wasserloch für die Toten. Es war eine Art Zwischenstation in das Leben nach dem Tod. Für die Anfänger unter den Toten: Das Leben nach dem Tod ist genauso, wie wir es uns vorstellen. Wir alle. Jeder bekommt mit dem Tod genau das, was er oder sie seinem Glauben nach verdient. Himmel, Hölle, Wiedergeburt, Nirwana, Spaghettimonster ….
Pech für diejenigen, die denken in die Hölle zu gehören, nicht wahr?
Und dann gibt es die, die weder im Leben, noch im Tod wissen, wohin sie gehören. Für die war das STYX die Endstation.
Der perfekte Ort für mein Büro.
Keine Ahnung, ob es mich in diese Zwischenwelt verschlagen hat, weil ich vor allem an meinen Job glaube oder weil ich Atheist bin und nie darüber nachgedacht habe, was da noch kommt.
So oder so – ich bin hier und mache den alten Job. Nur die Auftraggeber sind andere. Obwohl, wenn ich mein Gegenüber betrachtete, vielleicht auch nicht.
Sie war eine von diesen typischen Fünfziger-Jahre-Blondinen, adrett, nett und bestimmt eine verdammt gute Köchin. Eigentlich nicht mein Typ. Aber ich hatte immer schon eine kleine Schwäche für Blondinen. Sie lächelte, als sie sich an meinen Tisch setzte.
»Mister Gold, ich brauche ihre Hilfe.«
»Aha.«
Ich habe nie behauptet, ein Meister intelligenter Konvention zu sein.
»Sie müssen meinen Mann finden!«
»Ich arbeite nicht an Scheidungsfällen.«
Meine Standardantwort bei solchen Klientinnen.
»Mister Gold, wir sind tot. Damit hat sich eine Scheidung normalerweise erledigt.«
Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Sie war ganz schön bestimmt, das mochte ich. Aber ganz so einfach wollte ich es ihr dann nicht machen.
»Ich arbeite für das Magistrat. Soweit ich weiß, exklusiv.«
»Machen Sie eine Ausnahme, bitte! Mein Fall ist wichtig!«
»Für Sie? Oder für die Welt der Toten?«
Sie sah nach unten. Ja, das hatte ich erwartet.
»Für mich, Mister Gold. Aber das heißt nicht, dass es sich für Sie nicht lohnt.«
Ich seufzte. Diese Schwäche für Blondinen würde mich nochmal in Schwierigkeiten bringen.
»Worum geht es denn genau?«
»Viktor, mein Mann«, begann sie hoffnungsvoll, »er war hier. Vor genau fünf Tagen.«
»Nun, das soll vorkommen.«
Sie lächelte ein hübsches kleines Lächeln und nickte.
»Ja, wenn es die wahre Liebe ist, findet man sich auch nach dem Tod wieder. So heißt es doch immer. Und er kam. Ich hatte gehofft, dass wir uns nicht so schnell wiedersehen, aber …«
Sie räusperte sich.
»Also er war hier im STYX und ich habe ihn natürlich sofort abgeholt, als ich davon erfahren habe. Wissen Sie, ich warte hier auf ihn seit ich … hinübergegangen bin, vor zwei Jahren.«
Ich sah mir die Frau an. Schlank, ich schätzte so um die dreißig. Kein Alter, um zu sterben.
»Wenn ich fragen darf, Mrs. Solente, woran sind Sie gestorben?«
Man könnte es professionelle Intuition nennen oder schlicht und einfach Neugier. Sie sah ein wenig verwirrt aus.
»Ehrlich gesagt, kam es recht plötzlich. Ich glaube beim meinem Eintreffen hier stand auf den Papieren ›Tod durch Herzinfarkt‹.«
»Ah.«
Hatte ich erwähnt, dass der erste Grad der Hölle nicht aus Feuer, sondern aus der Toten-Bürokratie hier unten bestand?
»Es muss Viktor wirklich hart getroffen haben, als er hier war, sah er so anders aus, viel dünner und fahriger als früher.«
Sie blinzelte einige Tränen in ihren Augen weg.
»Ich habe mich so gefreut, ihn wieder zusehen und er schien auch so glücklich zu sein. Er war wirklich überrascht, dass ich auf ihn gewartet hatte, der liebe Viktor. Dabei hatten wir uns das versprochen.«
Sie sah mich an, zog energisch die Schultern hoch und sagte dann: »Wir wollten jetzt für immer zusammensein und einen Antrag stellen, unseren gemeinsamen Traum von einem Häuschen an der See wahr machen. Ich bin sicher, der Magistrat hätte das genehmigt.«
Ich war mir da nicht so sicher. Ich war zwar erst ein paar Tage tot, aber was ich bisher vom Magistrat für jenseitige Angelegenheiten gehört hatte, war eher ernüchternd. Ich ging davon aus, dass dort keine Romantiker arbeiteten.
»Und dann war er weg. Als ich aufwachte am nächsten Morgen war er weg. Keine Nachricht, keine Spur von ihm. Ich habe in den Listen nachgeschaut, weil ich dachte, vielleicht ist er ja weitergegangen, aber auch dort, keine Spur. Niemand in der ›Instanz für Kalamitäten‹ schien je von ihm gehört zu haben!«
»Instanz für was?«
»Der ›Instanz für Kalamitäten‹. Für unglückliche Angelegenheiten. Dorthin geht man bei Problemen mit dem Jenseits.«
»Ah.«
Man lernte doch nie aus.
»Dort kann man auch die Liste einsehen.«
»Die Liste?«
Irgendwie fühlte ich mich hier wie bei einer Quizsendung.
Vermutlich war mein Gesichtsausdruck nicht der intelligenteste, denn sie ergänzte sofort: »Der Liste der Toten. Jeder Verstorbene kann sie sich ansehen und man kann so eine Art Alarm einrichten, wenn man wissen möchte, wann jemand kommt, der … einem nahesteht.«
Wie nett. Daraus könnte man bestimmt eine prima App machen. Aber auch praktisch. Ich würde mir diese Liste mal anschauen und ein paar ganz spezielle Namen markieren.
»Und Ihr Mann stand auf der Liste?«
»Zunächst ja, deswegen habe ich ihn ja abgeholt. Einen Tag später war sein Name nirgendwo mehr zu finden.«
Ich sah nachdenklich in das Glas mit der undefinierbaren, grünen Flüssigkeit vor mir.
»Bitte, Mr. Gold, wir müssen meinen Mann finden! Wer weiß, was ihm zugestoßen ist! Man hört hier Geschichten …«
»Geschichten?«
»Über Höllenhunde und Tote, die verschwinden.«
Sie schauderte.
»Vermutlich sind Sie kein Romantiker, immerhin sind sie Detektiv. Aber mein Mann und ich, wir lieben uns wirklich. Er würde nie einfach so gehen. Es muss ihm irgendetwas Schlimmes zugestoßen sein, ich weiß es einfach!«
Ich war mir nicht so sicher. In der Vergangenheit hatte ich den ein oder anderen Fall bearbeitet, bei dem der Ehemann sehr freiwillig verschwunden war. Aber als Privatdetektiv muss man auch für alternative Antworten offen sein. Immerhin gab es ein Jenseits, einen Himmel und eine Hölle – vielleicht gab es dann ja auch die wahre Liebe.
»Ich kann Ihnen nichts versprechen, Lady, aber ich höre mich mal ein wenig um.«
Die Hoffnung in ihren Augen brach mir das Herz.
»Vielen Dank! Ich, ich schulde Ihnen etwas! Einen großen Gefallen. Bitte, finden Sie meinen Mann!«
Ich schüttelte den Kopf. Verdammt, ich hatte einfach eine Schwäche für Blondinen.
»Warten Sie erstmal ab, ob ich Ihnen überhaupt helfen kann.«
Gefallen waren die Währung der Toten. Geld gab es nicht mehr, aber Gefallen konnte man noch erweisen. Auch im Tod brauchten die meisten Leute Informationen oder Beziehungen.
Aber ich wusste tatsächlich nicht genau, ob ich überhaupt etwas für Mrs. Solente tun konnte. Offiziell hatte ich einen Vertrag mit dem Magistrat. Er war exklusiv und der Magistrat schien kein Auftraggeber zu sein, der viel Gestaltungsspielraum gab.
Aber das konnte man letztlich erst wissen, wenn man es versucht. Und bisher habe ich immer einen Weg gefunden.
Sie lächelte mich an.
»Falls Sie etwas herausfinden, sagen Sie einfach dem Barkeeper hier Bescheid. Und nennen Sie mich Gabriela.«
Damit war sie weg. Ich war wieder allein mit meinem Glas.
Und einer Menge Fragen.

2

Das »Magistrat für jenseitige Angelegenheiten«: eine große Nummer im Jenseits. So etwas wie die offiziellen »Organisatoren des Todes«.
Wer hätte gedacht, dass auch die Bürokratie nicht stirbt?
Vor mir lag mein Vertrag. Der, den ich mit dem Tod persönlich ausgehandelt hatte. Dachte ich zumindest, bis ich ihn mir genauer ansah. Der Magistrat war mein Auftraggeber – der Tod mein Kontaktmann, oder in diesem Fall eher die Kontaktfrau.
Ich starrte eine ganze Weile auf das Papier und suchte nach einer Lücke.
»Dir ist schon klar, dass Verträge immer – sagen wir mal ›interpretiert‹ werden können?«
Der Barkeeper, der mich ziemlich an einen alternden Kurt Russel im Hippie-Outfit erinnerte, lehnte an der Theke direkt vor mir und sah mich erwartungsvoll an. Dann streckte er die Hand aus.
»Kharon.«
»Jack Gold.«
Etwas klickte in meinem Hirn. Ich bin wahrlich kein Kenner von Geschichte und Mythen, aber Film und Fernsehen geben einem ja schon eine Art Grundbildung.
»Der Kharon? Der Fährmann des Todes aus den alten Mythen?«
Er seufzte. »Irgendwie muss man ja sein Geld verdienen.«
Wohl wahr. Ich hatte mir den Fährmann der Toten allerdings nicht mit schulterlangen Haaren, Schlaghosen und Grateful Dead-T-Shirt vorgestellt.
»Sieht mir hier aber nicht nach Booten aus. Oder nach Flüssen.«
Kharon verzog leicht genervt die Mundwinkel.
»Nimm nicht alles so wörtlich hier unten, Kleiner. Abgesehen davon: Ist dir schon der Name der Kneipe aufgefallen?«
»Klar, STYX.«
Kurze Pause.
»Wie der Fluß, der in die Unterwelt führt?«
Kharon nickte, ein klein wenig gönnerhaft.
»Eben. Es geht um den Übergang. Das kann man auf verschiedene Arten regeln. Boote, Türen, wenn du willst auch mit verschiedenen Sorten Schnaps. Und hey, ich brauche auch mal Abwechslung. Ich mache den Job schon eine Weile.«
Ich sah auf die noch undefinierte grüne Flüssigkeit in meinem Glas.
»Und das hier bringt mich wohin?«
Kharon grunzte.
»Würdest du leben, in das nächste Krankenhaus.«
»Was, wenn ich tot wäre?«
»Trink es, dann wirst du es erfahren.«
Damit drehte er sich um, und begann Gläser zu polieren. Anscheinend war unser Gespräch zu Ende. Nun gut.
Ich blieb nicht lang allein. Heute war ich ein begehrter Mann.
»Jack Gold, schön dich zu sehen.«
Eine samtweiche Stimme umschmeichelte mein Ohr, die nur einer Frau gehören konnte.
»Violet. Oder sollte ich dich besser mit Deinem offiziellen Titel anreden: Tod?«
»Bleib einfach bei Violet.«
Sie lächelte mich an und setzte sich neben mich an die Bar.
»Oh«, sie warf einen Blick in die Tiefen meines Getränks, »trink das lieber nicht.«
»Hatte ich nicht vor.«
Ich schob das Glas beiseite.
»Ich habe einen Auftrag für dich, Gold.«
Arbeit, immer nur Arbeit.
»Okay. Ich schätze, ich könnte dich noch irgendwo in meinen Terminkalender quetschen.«
Sie hatte einen feinen Radar für Sarkasmus. Vermutlich kannte sie sich damit aus. Immerhin war sie der »TOD«, also diejenige, die Verstorbene ins Jenseits schickte. In dem Job bekam man sicher einiges zu hören.
»Der Magistrat hat ein Problem und will es auf mich abwälzen.«
»Ich hasse Behörden aus ganzem Herzen.«
»Dann solltest du nicht für eine arbeiten.«
»Witzig. Also, was kann ich für dich tun?«
»Seelen verschwinden aus dem Jenseits. Mittlerweile sind es zwölf. An einem Tag sind sie noch hier, plötzlich keine Spur mehr von Ihnen.«
»Und das wisst ihr, weil …?«
Sie lächelte ein Lächeln, das ihre Augen diesmal nicht erreichte. Wir waren beim Business.
»Gold, so naiv bist du nicht. Das Magistrat weiß wo jeder von uns ist. Zu jeder Zeit.«
Ich zog eine Augenbraue hoch.
»Schon wieder eine Illusion dahin.«
Sie gab mir einen Zettel.
»Hier, eine Liste mit den Namen aller verschwundenen und ihrem letzten bekannten Aufenthaltsort.«
Ich nahm die Liste und sah mir die ersten Einträge an.
Orwell Jones, CEO, Hölle 9. Ring
Annabell Wodrall, Vorstandsvorsitzende, CFO, Manolo Blahnik Outlet
Louis Coleman, Privatier, »Tahiti«
Im Geiste fügte ich noch Victor Solente hinzu. Wie es aussah, wusste der Magistrat eben nicht alles.
»Aber ›Tahiti‹?«
»Was immer die Leute sich für ihr Leben nach dem Tod vorstellen, Gold. Oder hast du das schon vergessen?«
Ich warf einen demonstrativen Blick in die Runde.
»Das hatte ich mir definitiv nicht vorgestellt!«
»Du bist ein Sonderfall«, war ihr trockener Kommentar darauf. Immerhin zwinkerte sie mir noch kurz zu.
Ich kam zur Sache zurück.
»Seit wann interessiert sich der Tod für verschwundene Seelen?«
»Normalerweise, Gold, kommt niemand, den ich hole hier wieder raus.« Violet zupfte an den streng zurückgesteckten schwarzen Haaren. Sie schien nervös. »Und das darf auch nicht sein. Wenn sich das verbreitet, hat die ganze Organisation hier ein Problem. Der Tod ist endgültig. «
Ich sah sie erwartungsvoll an.
Sie verdrehte die Augen.
»Alle verschwundenen Seelen wurden von mir geholt, genauer gesagt, alle Seelen kamen aus Boston. Deswegen will der Magistrat mir die Sache anhängen. Die Tode aus den anderen Bereichen der Welt, machen da nur zu gerne mit.«
»Andere Tode?«
Heute jagte wirklich eine Überraschung die nächste. Vielleicht hätte ich mir dieses »Handbuch für den frisch Verstorbenen« doch mal anschauen sollen.
»Gold, du bist heute echt schwer von Begriff. Denkst du, ich kann die Verstorbenen der ganzen Welt betreuen? Ein bisschen viel für eine Person.«
»Eine mythische Person«, warf ich ein. Ich wollte ja nicht ganz naiv dastehen.
»Mythisch hin oder her, verschiedene Teile der Welt, haben verschiedene Personifizierungen des Todes. Ich bin für Nord-Amerika zuständig. Sonst noch Fragen?«
»Was genau soll ich für dich tun?«
»Finde heraus warum die Seelen verschwinden – und wohin.«
»Ich soll sie nicht wieder herbringen?«
Ich war mir nicht sicher, ob ich die Antwort hören wollte.
Sie warf mir einen Blick zu, der mir das Blut in den Adern zumindest abkühlte.
»Das erledige ich.«
»Und für wen arbeite ich dann? Den Magistrat? Oder für dich?
Eine Pause. Kein gutes Zeichen meiner Erfahrung nach.
»Für mich.«
Eine weitere Pause.
»Der Magistrat hat noch nicht entschieden, ob und wie er Deine Dienste in Anspruch nehmen wird.«
Ich hob eine Augenbraue. Hatte da etwa jemand einen Vertrag mit mir geschlossen, ohne das vorher mit dem Boss zu klären?
»Sie prüfen den Vertrag, das ist alles.«
»Verstehe.«
Und das tat ich. Hey, ich habe auch nicht immer alles mit meinen Vorgesetzten besprochen. Und ich nahm an, ich schuldete Violet noch etwas. Und es war eine gute Idee, herauszufinden, wohin die Seelen verschwanden. Vielleicht konnte ich ja den gleichen Weg nehmen?
»Wo fange ich an?«
Sie sah mich an.
»Na dort wo sie gestorben sind natürlich. In Boston.«
Dann zog sie ein iPhone aus der Tasche.
»Ich muss los. Arbeit.«
»Du kriegst nicht ernsthaft deine Aufträge über ein iPhone, oder?«
»Wir sind tot, Gold, nicht hinter dem Mond.«
Und schon war sie weg. In dem Augenblick zwischen dem Blinzeln. Irritierend!
Ich nahm mein Glas wieder in die Hand und schwenkte die unansehnliche Flüssigkeit ein weiteres Mal herum. Mysteriöse Getränke. Tote, die nicht länger tot sind. Ein Auftrag in Boston. Bei den Lebenden.
Ein interessanter Tag.

© 2017 Natalie Masche

Hier endet die Leseprobe – mehr gibt es bei Amazon: Für eine Handvoll Silber (Jack Gold – Detektiv der Toten 2)